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Wechselseitige Verfügung und Erbvertrag: BGH zur Wirkung einer Ersatzerbenklausel

In einem von den Eltern geschlossenen Erbvertrag war der Sohn als Alleinerbe vorgesehen. Später bestimmte die Mutter jedoch die älteste Tochter zur Erbin. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass stattdessen die Kinder des inzwischen verstorbenen Sohnes als Ersatzerben eintreten. Damit stellte das Gericht klar, dass die für gemeinschaftliche Testamente geltenden Bindungswirkungen nicht ohne Weiteres auf Erbverträge übertragen werden können.

Das Wichtigste im Überblick

  • Verweigerung der Ablieferung: Anwalt darf Ablieferung nicht mit Berufung auf Verschwiegenheitspflicht verweigern.

  • Testamentserstellung: Auch Teile des Testaments, die der Mandant als vertraulich behandelten wollte, müssen übergeben werden.

  • Prüfung der Relevanz: Die Prüfung, ob Teile des Testaments erbrechtlich relevant sind, obliegt dem Nachlassgericht.

  • Berufsverschwiegenheit: Die gesetzliche Ablieferungspflicht des Anwalts stellt eine Ausnahme zur Berufsverschwiegenheit dar.

  • Erblasserentscheidung: Ein Erblasser kann die Eröffnung seines Testaments nicht wirksam ausschließen.

Erbvertrag und handschriftliche Testamentsänderung

Die Ehepartner setzten in einem Erbvertrag fest, dass ihr Sohn nach dem Tod beider Eltern Alleinerbe sein sollte. Die drei Schwestern sollten hierfür abgefunden werden und auf Pflichtteilsansprüche verzichten. Zudem verpflichtete sich der Sohn, die Abfindung zu zahlen, falls die Eltern hierzu nicht mehr in der Lage wären.
Nach dem Tod des Vaters und des Sohnes änderte die Mutter jedoch ihre letztwillige Verfügung: Auf einem handschriftlichen Notizzettel bestimmte sie ihre älteste Tochter zur Alleinerbin.
Die Kinder des verstorbenen Sohnes akzeptierten diese Änderung nicht und beantragten beim Nachlassgericht einen Erbschein, der sie zu gleichen Teilen als Erben der Mutter ausweisen sollte. Sowohl der Antrag als auch die anschließende Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren der Enkelkinder blieben jedoch ohne Erfolg.

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OLG Oldenburg: Anwendung von § 2269 BGB auf Erbverträge

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg stellte klar, dass die Einsetzung der ältesten Tochter als Erbin nach § 2269 BGB (gegenseitige Erbeinsetzung) in Verbindung mit § 2270 Abs. 2 BGB (wechselbezügliche Verfügungen) wirksam war. Die Mutter war somit berechtigt, ihr Testament zu ändern, da sich aus den Umständen keine gegenteilige Absicht der Erblasser ableiten ließ. Insbesondere sei nicht davon auszugehen, dass die Nachkommen des verstorbenen Sohnes als Ersatzerben berücksichtigt werden sollten. Der Wortlaut des Erbvertrags deutete nicht darauf hin, dass die Eltern den gesamten „Stamm“ des Sohnes einsetzen wollten.

BGH: Erbvertragliche Bindung stärker als wechselbezügliche Verfügungen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Enkelkinder ihre Großmutter im Wege der Ersatzerbfolge beerbt haben (Beschluss vom 26.03.2025 – IV ZB 15/24). Das Amtsgericht wurde angewiesen, den beiden Enkeln einen entsprechenden Erbschein zu erteilen.
Der BGH stellte klar, dass die Vorschriften für gemeinschaftliche Testamente nicht auf Erbverträge übertragbar sind. Die Bindungswirkung eines Erbvertrags ist deutlich stärker als diejenige wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament. Da kein Rücktritt vorbehalten war, konnte die Ehefrau die Regelungen des Erbvertrags nicht einseitig ändern.
Im Wege ergänzender Vertragsauslegung sah der BGH die Enkel als Ersatzerben des verstorbenen Sohnes an. Dabei folgte er der Lebenserfahrung, dass Eltern in der Regel ihren „Stamm“ nicht ausschließen wollen – insbesondere dann, wenn der ursprünglich eingesetzte Alleinerbe vorzeitig verstirbt.

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