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Abschieds-Testament: Anwalt muss alle Seiten dem Nachlassgericht übergeben

Im Erbrecht stellt sich die Frage, ob ein Anwalt nur die letzten Seiten eines als Testament geltenden Dokuments beim Nachlassgericht einreichen darf, wenn der Mandant die ersten Seiten vertraulich behandeln möchte. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. entschied, dass der Anwalt verpflichtet ist, das gesamte Original-Testament vollständig vorzulegen. Auch wenn der Mandant die ersten Seiten als vertraulich behandelt wissen möchte, muss der Anwalt alle Teile des Testaments dem Nachlassgericht übergeben, um die rechtliche Gültigkeit des Testaments zu gewährleisten.

Das Wichtigste im Überblick

  • Verweigerung der Ablieferung: Anwalt darf Ablieferung nicht mit Berufung auf Verschwiegenheitspflicht verweigern.

  • Testamentserstellung: Auch Teile des Testaments, die der Mandant als vertraulich behandelten wollte, müssen übergeben werden.

  • Prüfung der Relevanz: Die Prüfung, ob Teile des Testaments erbrechtlich relevant sind, obliegt dem Nachlassgericht.

  • Berufsverschwiegenheit: Die gesetzliche Ablieferungspflicht des Anwalts stellt eine Ausnahme zur Berufsverschwiegenheit dar.

  • Erblasserentscheidung: Ein Erblasser kann die Eröffnung seines Testaments nicht wirksam ausschließen.

Anwalt muss vollständiges Testament vorlegen: OLG Frankfurt zur Geheimhaltung von Abschiedsbriefen

Der Rechtsanwalt hatte von seinem Mandanten insgesamt „sieben Blätter“ zur Verwahrung erhalten. Die ersten vier Seiten enthielten einen Abschiedsbrief, auf Seite 5 erklärte der Mandant: „Jetzt komme ich zu dem Teil, der nicht mehr vertraulich ist. Der Teil ist für mich wichtig.“ In diesem Abschnitt legte der Mandant fest, dass alles, was er besitze, seiner Mutter zukommen solle.

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Pflicht zur Herausgabe eines Testaments: OLG Frankfurt zur Verschwiegenheit des Anwalts

Nachdem der Mandant verstorben war und seine Mutter einen Erbschein beantragte, erfuhr das Nachlassgericht von einem Abschiedsbrief des Erblassers. Das Gericht forderte den Anwalt zur Herausgabe des Originals auf, da der Brief aller Wahrscheinlichkeit nach Verfügungen von Todes wegen enthielt. Der Anwalt legte jedoch nur die letzten drei Seiten vor, während die ersten vier Seiten mit vertraulichen Informationen in seiner Obhut blieben. Er berief sich auf seine Verschwiegenheitspflicht, da sein Mandant zu Lebzeiten auf der Vertraulichkeit der ersten vier Seiten bestanden hatte.

Das Nachlassgericht wies darauf hin, dass es selbst zur Verschwiegenheit verpflichtet sei und verlangte, dass der Anwalt das vollständige Original-Testament vorlegt. Der Anwalt legte gegen den Beschluss Beschwerde ein, da ihm die anwaltliche Versicherung nicht ausreichte und er nicht in der Lage war, das Testament ohne Zustimmung des Mandanten vollständig zu übergeben.

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OLG Frankfurt: Anwalt muss Abschiedsbrief beim Nachlassgericht abliefern

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschied, dass ein Anwalt die Ablieferung eines Testaments nicht mit der Berufung auf seine Verschwiegenheitspflicht verweigern durfte (Beschluss vom 15.01.2025 – 20 W 220/22). Der Mandant hatte das Testament in Teilen vertraulich behandeln wollen, doch das Gericht stellte klar, dass die Ablieferungspflicht des Anwalts gemäß § 2259 Abs. 1 BGB auch die ersten vier Seiten des Abschiedsbriefs des Klienten umfasst. Diese Seiten könnten als Testament in Frage kommen, selbst wenn der Anwalt versicherte, dass sie nur persönliche und nicht erbrechtlich relevante Ausführungen des Erblassers enthielten. Die Prüfung, ob die Seiten erbrechtlich relevant sind, obliegt allein dem Nachlassgericht.

Das OLG betonte, dass ein Erblasser die Eröffnung eines Testaments nach § 2263 BGB nicht wirksam ausschließen könne, da die Ablieferungspflicht eine gesetzliche Ausnahme zur Berufsverschwiegenheit des Anwalts darstellt. Selbst wenn der Erblasser dem Anwalt die Anweisung gab, bestimmte Teile des Testaments vertraulich zu behandeln, hatte der Anwalt die Pflicht, das vollständige Dokument dem Nachlassgericht vorzulegen.

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